Das Reh

Das Reh gehört zur Ordnung der Paarhufer (Artiodactyla), zur Unterordnung der Wiederkäuer, zur Familie der Hirsche (Cervidae) in die Unterfamilie der Trughirsche (Odocoileinae).

Lebensweise

Das Reh besiedelt die verschiedensten Lebensräume. Es bevorzugt strauchreiche Mischwälder mit umliegenden Feldern. Infolge seiner großen Anpassungsfähigkeit bewohnt es auch weniger günstige Lebensräume, z.B. rein landwirtschaftliche Flächen (Feldreh).
Im Sommer leben Rehe meist einzeln. Die Böcke zeigen in dieser Zeit ein ausgesprochenes Territorialverhalten, tolerieren aber Ricken (weibliche Rehe) mit und ohne Kitze. Im Winter vereinigen sich die Rehe oft zu größeren Sprüngen (Rudeln).
Am Tage hält sich das Reh an geschützten Stellen auf. Dies sind meist Dickungen, Kulturen, bewachsene Felder oder Büsche. Es hat einen sechsstündigen Äsungsrhythmus. Es bevorzugt die Morgendämmerung, die Zeit vor Mittag und die Abenddämmerung. Das Reh ist ein Konzentratselektierer, d.h. die Nahrung besteht aus leicht verdaulicher, eiweißreicher Kost (z.B. Gräser, Kräuter, Knospen und Blätter).

Rehwild wird auch als Kurzflüchter bezeichnet. Es flüchtet nicht weite Strecken (wie das Rotwild), sondern drückt sich nach kurzer Flucht in Büschen oder Dickungen (Drückertyp). Das entspricht seinem Körperbau und seinem an dichtes Buschwerk als bevorzugtem Lebensraum angepaßten Verhalten.

Rehbock

Verbreitung

Das Rehwild ist fast in ganz Europa verbreitet. Die Mosaikstruktur unser Landschaft, geprägt durch land- und forstwirtschaftliche Flächen, bietet dem Rehwild einen sehr großen und günstigen Lebensraum. Unter diesen Bedingungen ist die Population in den letzten Jahrzehnten stark angewachsen. Das Verbreitungsgebiet des Rehwildes erstreckt sich bis ins nördliche Skandinavien und grenzt im Osten an das sehr viel größere sibirische Rehwild

Erscheinungsbild

Das Reh ist im Sommer rotbraun, im Winter graubraun gefärbt. Im Nordwesten Deutschlands kommen gelegentlich auch Rehe mit schwarzer Färbung vor. Rehkitze tragen ein weiß getüpfeltes Fell, das sie in ihren Verstecken sehr gut tarnt. Mit dem Wechsel zum Winterfell verschwinden diese Flecken völlig. Im Winter, wenn die Böcke keine Gehörne tragen, kann man die Geschlechter anhand des Spiegels (weiße Flecken am Hinterteil) unterscheiden. Bei der Ricke ist der Spiegel „kleeblattförmig“, beim Bock „nierenförmig“.

Fortpflanzung

Die Zeit der Fortpflanzung wird beim Rehwild Blattzeit genannt. Sie beginnt Mitte Juli und endet Mitte August.
Der Bock treibt die Ricke in hohem Tempo durch Felder oder hohe Wiesen im Kreis, wodurch sogenannte Hexenkessel entstehen. Aus diesem Treiben heraus erfolgt dann die Paarung. Kurz nach der Paarung setzt eine Keimruhe der befruchteten Eizelle ein, damit die Setzzeit nicht in die ungünstigen Wintermonate fällt. Erst ab Ende Dezember beginnt die Weiterentwicklung der Eizelle, so dass die Jungen (meist zwei) im Mai/Juni zur Welt kommen.
Die Ricke sucht in den ersten Lebenstagen die Kitze nur zum Säugen auf. Ist sie wieder verschwunden, drücken sich die Kitze lautlos auf den Boden, um sich vor Feinden zu schützen. Sie sind in diesem Alter noch nicht zur Flucht fähig. Aus diesem Grund kommt es häufig bei der Mahd von Wiesen oder Feldern zu tödlichen Verletzungen. Erst im Alter von 2-4 Wochen sind die Kitze fähig, vor ihren Feinden zu flüchten.

Rehbock mit Bastgehörn

Gehörnbildung

Das Geweih wird bei Rehböcken auch als Gehörn bezeichnet. Das Bockkitz (männliches Kitz) schiebt schon im ersten Lebensjahr ein kleines Gehörn. Dies sind meistens kleine Knöpfe oder Spieße (ohne Rosen), die im Januar oder Februar wieder abgeworfen werden. Anschließend schiebt der nahezu einjährige Bock sein Erstlingsgehörn, das ebenfalls aus Spießen (nun mit Rosen) oder häufig aus Gabeln besteht. Dieses Gehörn wird im Nov./Dez. wieder abgeworfen, um anschließend ein neues, jetzt aber Sechser-Gehörn zu bilden. Es besteht aus drei Enden an jeder Stange und ist die Endstufe im normalen Aufbau des Rehgehörns.
Nur selten entwickeln sich Achter- oder gar Zehner-Gehörne, die meist aus einer Verletzung der Bastschicht resultieren. Das Gehörn kann nicht als alleiniger Maßstab zur Altersschätzung herangezogen werden.

Literatur

Das praktische Handbuch der Jagdkunde
Fritz Nüßlein
BLV Verlagsgesellschaft mbH
ISBN 3405147891

Jäger-Einmaleins
Fritz Oehsen
Landbuch-Verlag
10. Auflage, ISBN 3 7842 0386 3