Klimastabilisierung: Bäume pflanzen reicht nicht

Klimastabilisierung: Bäume pflanzen reicht nicht

Der Anbau von Pflanzen und das Speichern des von ihnen aus der Atmosphäre aufgenommenen CO2 ist kein brauchbares Mittel zur Stabilisierung unseres Klimas, wenn fossile Brennstoffe einfach unvermindert weiter verfeuert werden. Die Plantagen müssten im Fall eines solchen Versagens der Emissionsreduktion so groß sein, dass ihre Fläche entweder den Großteil der natürlichen Ökosysteme oder aber viele für die Nahrungsproduktion benötigte Felder und Äcker verschlingen würde. Sehr wohl aber kann der Anbau von Biomasse auf gut ausgesuchten Flächen und mit verstärkter Bewässerung oder Düngung eine Klimapolitik unterstützen, die zugleich den Ausstoß von Treibhausgasen rasch und drastisch verringert.
„Wenn wir weiter Kohle und Öl verbrennen und dann später unser Handeln bedauern, wäre die Menge von Treibhausgasen, die wir zur Klimastabilisierung wieder aus der Atmosphäre herausholen müssten, riesig – das wäre nicht zu schaffen,“ sagt Lena Boysen vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK).

Drei Szenarien: Business-as-usual, Paris-Abkommen, oder ehrgeizige CO2-Reduktion

Business-as-usual

„Sogar wenn wir wachstumsstarke Pflanzen wie Pappeln oder Elefantengras nutzen könnten und die Hälfte des in ihnen enthaltenen CO2 speichern könnten,“ so Boysen, „würde im Business-as-usual Szenario fortgesetzter unbeschränkter Emissionen die schiere Größe der Pflanzungen verheerende Auswirkungen auf die Umwelt haben.“ Die Wissenschaftler berechneten, dass in diesem Fall die hypothetisch benötigten Anbauflächen fast vollständig die natürlichen Ökosysteme rund um die Welt vernichten würden.

Paris-Abkommen

Wenn die CO2-Emissionen hingegen mittelmäßig stark verringert werden, entsprechend den bisherigen Ankündigungen beim Klimagipfel von Paris, müssten die Biomasse-Pflanzungen bis Mitte des Jahrhunderts ebenfalls enorm sein. In diesem Szenario würden sie natürliche Ökosysteme auf fruchtbarem Boden in einem Umfang ersetzen, der einem Drittel aller heute existierenden Wälder entspricht. Alternativ müsste mehr als ein Viertel der heute für die Landwirtschaft genutzten Flächen in Biomasse-Plantagen umgewandelt werden – was ein erhebliches Risiko für die Ernährungssicherheit wäre.

Ehrgeizige CO2-Reduktion

Nur ehrgeizige CO2-Reduktionen und Fortschritte in den landwirtschaftlichen Methoden in den nächsten Jahrzehnten könnten scharfe Konflikte über die künftige Landnutzung vermeiden. Aber sogar in diesem Szenario einer offensiven Klimastabilisierungspolitik könnte nur der starke Einsatz von Bewässerung, Düngung und einer weltweiten Speichermaschinerie, die mehr als 75 Prozent des aus der Luft geholten CO2 erfasst, die durchschnittliche Erwärmung auf weniger als 2°C begrenzen. Hierzu müsste es deutliche Verbesserungen bei Anbau, Ernte, Transport und Nutzung der Biomasse geben.

Fazit: Es gibt keine Alternative zur drastischen Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen. Geschieht dies, dann können Pflanzungen eine begrenzte, aber wichtige Rolle spielen – wenn sie gut gemanagt werden.“ Die Wissenschaftler haben die Machbarkeit von Biomasse-Plantagen und den Entzug von CO2 aus der Luft mit Blick auf die Biosphäre untersucht. Hierfür haben sie Computersimulationen der globalen Vegetation eingesetzt.

Bäume sind keine CO2-Helden
„In dem Klima-Drama, das sich gegenwärtig auf dieser großen Bühne abspielt, die wir die Erde nennen, ist das Entziehen von CO2 aus der Luft nicht der große Held und Retter, nachdem alles andere fehlgeschlagen ist. Es ist eher ein Nebendarsteller, der schon vom ersten Akt an mitspielen muss, während die Vermeidung von Emissionen die Hauptrolle spielt“, sagt Ko-Autor Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des PIK. „Das ist die gute Nachricht: Wir wissen, was wir tun müssen – rasch die Nutzung fossiler Brennstoffe beenden und ergänzend eine große Bandbreite an Techniken zum CO2-Entzug aus der Atmosphäre einsetzen. Wir wissen, wann wir es tun müssen – nämlich jetzt. Und wenn wir es tun, dann ist es möglich, die globale Erwärmung auf weniger als zwei Grad zu begrenzen und damit den größten Teil der Klimarisiken noch zu vermeiden.“

18.5.2017: Informationsdienst Wissenschaft – idw – Pressemitteilung
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Jonas Viering, Sarah Messina, Mareike Schodder, 18.05.2017 09:16