Unter dem Begriff „Jungwuchspflege“ werden alle Maßnahmen zusammengefasst, die vom Zeitpunkt der gesicherten Verjüngung (Nachkommen) bis zum Dickungsschluss bei
ca. 2 m Oberhöhe zur Erziehung eines qualitativ hochwertigen Bestandes notwendig sind.

Ziele der Jungwuchspflege

In den Altersstadien des Jungwuchses und des Jungbestandes steht die natürliche Differenzierung und Qualifizierung (Astreinigung, Feinästigkeit, Gradschaftigkeit) der bestveranlagten Bestandsmitglieder im Vordergrund. Sofern keine gravierenden Gründe vorliegen, sollte auf Eingriffe vollkommen verzichtet und der biologischen Automation (d.h. biologische „Selbstreinigung“) der Vorrang eingeräumt werden.

Nach SCHMALTZ (1989) lässt sich das Ziel der Jungwuchspflege am Idealbild des Bestandes zu Beginn des Dickungsstadiums am besten wie folgt umreißen:

„Die sich schließende Dickung soll in der Oberschicht aus möglichst geraden und feinästigen, standfesten Bäumchen bestehen, die nicht zu gedrängt hochwachsen und die in der Baumartenzusammensetzung und -verteilung dem Verjüngungsziel entsprechen. In allen Fällen, in denen das genannte Ziel von selbst erreicht wird, kann auf die Jungwuchspflege verzichtet werden.“

Wird dieses Ziel nicht durch die biologische Automation erreicht, sind folgende Maßnahmen notwendig:

1. Negativauslese – nicht mehr ganz aktuell:

Im Lebensstadium des Jungwuchses lassen sich noch keine sicheren Aussagen über die zu erwartende Qualität des Einzelbaumes treffen. Eine zu frühzeitige „Positivauslese“ wäre daher mit einem hohen Risiko der Falschauswahl sowohl im Hinblick auf eine spätere qualitative Verschlechterung, als auch in Bezug auf ein „negatives Umsetzen“ von vermeintlich vitalen Pflanzen verbunden. Im Vordergrund steht deshalb die Pflege des Gesamtbestandes und nicht, wie bei der Durchforstung, der Einzelbaum.
“Des Weiteren kommt in diesem Entwicklungsstadium der Negativauslese die größere Bedeutung zu. Hierbei werden alle qualitativ schlechten Jungbäume entnommen, wie etwa die so genannten Protzen (konkurrenzstarke, schlechtgeformte und starkästige Bäume), kranke und beschädigte und sog. Zwiesel (Stamm, der sich in zwei oder mehrere Stämme aufteilt).”

Biotopbaumanwärter
Diese Art der Pflege ist nur noch eingeschränkt gültig. Nach Ulrich Mergner – Das Trittsteinkonzept – sollte nicht jeder schlechtwüchsige Baum entnommen werden. Denn aus diesen entstehen die zukünftigen Biotopbäume, die in einer naturgemäßen Waldwirtschaft auf der ganzen Fläche ausreichend vorhanden sein sollten, um auch seltenen Arten einen Lebensraum zu bieten. Diese “Biotopbaumanwärter” sollten mit unterschiedlichen “Fehlern” auf der Fläche erhalten bleiben (Zwiesel, starkästige Bäume etc.). Insbesondere die vitalen “Protze” – vor allem Buchen – sollten in kleiner Anzahl auf der Fläche bleiben (2-4 Stck./ha) und sich ungestört – also ohne Pflege – entwickeln. Sie sind es, in denen sich später vielleicht wertvolle Mulmhöhlen bilden, die u.a. dem sehr seltenem Eremiten ein Habitat bieten.

2. Mischwuchsregulierung:

Im BZT (Betriebszieltyp) ist die Baumartenmischung und der prozentuale Anteil der jeweiligen Baumart festgelegt. Sobald die gewünschte Mischung durch Konkurrenz gefährdet ist, muss die bedrängte Baumart durch Aushieb oder Köpfen (Abtrennen der Krone) der Konkurrenten begünstigt werden.
Um die angestrebte Mischung im Endbestand zu erreichen, sind vor allem Kenntnisse über die Wachstumsvorgänge und die Konkurrenzkraft der beteiligten Forstpflanzen von Bedeutung. Aufgrund der unterschiedlichen Wachstumsgänge der Baumarten, muss der Anteil der raschwüchsigen, im Alter aber nachlassenden Lichtbaumarten höher sein, wenn sie mit zunehmendem Druck der nachdrängenden Schattenbaumarten im Endbestand noch im angemessenen Umfang vertreten sein sollen.
Auch seltene Baumarten, die durch natürliche Verbreitung aufgekommen sind, müssen aus ökologischen Gründen gegenüber Konkurrenten gefördert werden. Meistens handelt es sich hier um konkurrenzschwache Lichtbaumarten, die als einzelnes Individuum unter natürlichen Bedingungen kaum eine Chance hätten. Dies könnten z.B. Wildbirne bzw. -apfel, Elsbeere, Speierling, Ulmen etc. sein.

In diesem Zusammenhang wird die Frage der Weichlaubholzkonkurrenz (Weiden, Pappeln, Eberesche, Erle etc.) heute wesentlich entspannter gesehen. Während noch vor einigen Jahren auf die „Beseitigung schädigender oder verdämmender Weichlaubhölzer“ Wert gelegt wurde, hat man in neuerer Zeit die ökologisch wertvollen Funktionen der Nebenbaumarten immer mehr schätzen gelernt. Zu diesen heutzutage wertgeschätzten Funktionen zählen:

  • Erhöhung der Artenvielfalt
  • Förderung der vertikalen und horizontalen Strukturierung
  • Stabilisierung, insbesondere von reinen Nadelholzjungwüchsen
  • Äsungsverbesserung (Nahrungsverbesserung) und Minderung von Schäl- und Verbissschäden

Schirmwirkung der natürlichen Verjungung

Ein weiterer wichtiger Punkt, der für den Erhalt der Weichlaubhölzer spricht, ist deren Schirmfunktion. Da Weichlaubhölzer ein schnelleres Jugendwachstum als Forstpflanzen aufweisen, haben sie diese bereits nach kurzer Zeit überwachsen. Sie bilden ein lockeres Dach über den Forstpflanzen, den sog. „Schirm“, der in Zeiten von trocknen Sommern Schatten spendet und die Verdunstung mindert.

Bei einer lockeren Überschirmung ergeben sich folgende Vorteile:

  • Natürliche Differenzierung durch unterschiedliche lichtökologische Verhältnisse -> Schichtaufbau
  • Steuerung der Baumartenzusammensetzung in der Naturverjüngung
  • Förderung der Feinastigkeit/Astreinigung
  • Reduzierter Lichtgenuss und damit weniger Begleitflora (Konkurrenz)

Auch wenn Weichlaubholzarten einen wichtigen Beitrag für die Forstwirtschaft leisten, muss man darauf achten, dass sie in ihrer Anzahl nicht überhand nehmen. Konkurrenzdruck und gleichzeitige Verdrängung der Forstpflanzen wären das Ergebnis.

3. Begleitwuchsregulierung:

Unter Begleitwuchs werden alle Pflanzen zusammengefasst, die nicht dem Erreichen des eigentlichen Waldentwicklungszieles dienen und die Forstgehölze in ihrem jugendlichen Wachstum behindern können.

Folgende negative Wirkungen können auftreten:

  • Entzug von Licht, Wasser und Nährstoffen
  • Erhöhung der Frostgefahr (Verdämmung der Bodenoberfläche verhindert Wärmeaustausch)
  • Indirekte Wirkung: Beherbergung von Schädlingen (z.B. Mäuse)
  • Verhinderung der Naturverjüngung

Zu den Hauptkonkurrenten innerhalb der Begleitflora zählen vor allem Adlerfarn und Gräser wie Land-, Berg-, Reitgras und Waldschwingel sowie Himbeere, Brombeere, Traubenkirsche, Adlerfarn und Japanischer Knöterich. In der Regel handelt es sich bei der konkurrenzstarken Begleitflora um lichtbedürftige Pflanzen. Ihre Konkurrenzwirkung auf Freiflächen ist dementsprechend intensiver als unter einem Schirm.

Der Begleitwuchs hat aber nicht nur die genannten negativen Wirkungen; zu seinen positiven Effekten zählen u.a.

  • Schutz gegen Überhitzung der Pflanzen sowie Bodenaustrocknung und -erosion
  • Lebensraum für Nützlinge (Käfer, Insekten etc.)
  • Schutz der Forstpflanzen vor Wildverbiss (v.a. bei Laubhölzern)

Quelle: Ulrich Weihs